Mallorcas wild zerklüftete Nordküste mit den teils steil abfallenden Klippen und den romantisch gelegenen Dörfern ist auch nicht vom Massentourismus verschont geblieben, aber hier scheint er zum Großteil ohne Effekt geblieben zu sein, auch wenn sich auf der Küstenstraße viele Leihwagen oder Autos mit ausländischen Kennzeichen tummeln. Das Ursprüngliche der Nordküste hat sich nicht nur in der wildromantischen Landschaft erhalten, wo die Hänge der Tramuntana ins Mittelmeer abfallen, sondern auch in den kleinen und größeren Dörfern mit ihrer charakteristischen Architektur.

Lage vom Torre del Verger

Dazu gehören auch die torres, Wachtürme aus dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit, die die Insel vor Piratenüberfällen schützen sollten und an besonders exponierten Stellen der Küste errichtet wurden. Fast 100 dieser Türme fanden sich in früheren Zeiten auf der gesamten Insel und der kleinen Nachbarinsel Dragonera. Heute sind die Gebäude in unterschiedlichen Stadien des Zerfalls, werden aber teilweise auch erhalten und wieder in Stand gesetzt. Eines dieser alten Gebäude ist auch der Torre del Verger, ebenso bekannt als Turm der Seelen (Torre de ses Animes), ein pittoreskes Fotomotiv vor blauem, im Sonnenschein funkelnden Meer der Nordküste. Der Torre war lange Zeit Teil einer Befestigungsanlage an dieser Küste, wo versteckte Buchten und unzugängliche Dörfer ideale Ziele für Piraten bildeten, die sich hier versteckten und an Land Überfälle begingen. 1579 wurde der solide Turm errichtet und er wacht noch heute über die Felsen nahe Banyalbufars.

Dustpuppy72 / Flickr

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Der Torre del Verger gehörte ab 1875 dem Erzherzog Ludwig Salvator von Österreich-Toskana, der die Schönheit dieses Ortes früh erkannte und diesen Fleck als einen der schönsten auf der gesamten Insel pries. Ludwig Salvator kaufte mit dem Turm größere Landstriche des Tramuntana-Gebirges, um diese sich selbst zu überlassen. Sein Interesse an dem Torre del Verger war weder ein militärisches noch ein strategisches, sondern er kann als einer der ersten Naturschützer auf der Baleareninsel gelten, der ein waches Auge für die malerische und raue Schönheit des ehemaligen Wachturms hatte. Auch heute würden ihm die Besucher zustimmen, die auf dem kleinen Parkstreifen an der Küstenstraße MA-10 zwischen Banyalbufar und Estellencs anhalten. Der Torre ist über einen etwa 50 Meter langen Fußweg bequem von der Straße aus zu erreichen, nur eine geringe Steigung und einige Stufen sind zu überwinden.

Das Bauwerk selbst ist dank einer Restaurierung im Jahre 1997 vor dem Verfall gerettet worden und kann heute kostenlos betreten werden. Im Inneren befindet sich eine Eisenleiter, die auf die obere Plattform des Turms führt. Der enge Durchlass ist nicht geeignet für Menschen mit Klaustrophobie – außerdem sollte man ein wenig sportlich sein. Auf dem Wachturm wird man dann von einer grandiosen Aussicht über die Küste, das Meer und die Hänge der Tramuntana belohnt. Wer den Aufstieg lieber nicht in Kauf nehmen möchte, kann entlang der Straße den Torre de ses Animes immer wieder vor die Linse des Fotoapparates oder Handys bekommen. Der Torre ist durch seine besondere Lage, seinen guten Erhaltungszustand und gute Erreichbarkeit fast schon zu einem Symbol für das unbekanntere, historische Mallorca geworden, das noch entdeckt werden will. So wird der Turm auch auf kleinen Aquarellen abgebildet, die am Gebäude selbst für kleines Geld erworben werden können. Manchmal werden am Turm auch dekorative Bündel aus Espeletten bzw. Gorria angeboten, die ein schönes Mitbringsel sind.

Eindrücke vom Torre del Verger

Titelbild: Dustpuppy72 / Flickr